Im Kindergarten „Sonnenschein“ war es normalerweise immer voller Leben – Kinder, die lachten und spielten. Doch heute war alles anders. Lena saß mit verschränkten Armen vor ihrem halbfertigen Bild und murmelte: „Blöder Stift, immer bricht die Spitze ab!“ Max, der sonst der Meister im Bau von gigantischen Bauklotztürmen war, ließ seine Klötze mit einem lauten „PENG!“ auf den Boden fallen und brummte: „Doofes Bauen!“ Sogar Sophie, die immer ein fröhliches Lied auf den Lippen hatte, summte nur ein trauriges „Hm-hm-hm“.
Wer ist der Glücks-Dieb?
Erzieherin Klara, die eine besondere Fähigkeit hatte, Stimmungen wahrzunehmen, kam näher. Mit neugierig blitzenden Augen sagte sie: „Hoppla, ich glaube, bei uns ist heute der Glücks-Dieb unterwegs! Der hat unsere gute Laune gestohlen.“
„Ein Dieb? Der klaut Gefühle?“, fragte Max verwundert.
„Ganz genau!“, nickte Klara. „Er schleicht sich rein, wenn etwas schief geht, wenn man müde ist oder sich ärgert. Und schwupps, versteckt er die gute Laune in seiner Tasche!“
Die Ursache für schlechte Laune
Lena dachte nach. „Mein Stift ist abgebrochen. Da war ich ärgerlich“, sagte sie nach einer Weile. Max nickte zustimmend. „Mein Turm ist immer wieder umgefallen. Da wurde ich wütend.“ Sophie seufzte. „Ich habe mein Kuscheltier zu Hause vergessen. Da bin ich traurig.“
„Seht ihr?“, erklärte Klara. „Der Glücks-Dieb hatte bei euch leichtes Spiel. Aber wisst ihr was? Wir können ihn austricksen!“
Zusammenhalten und gute Laune zurückholen
„Wie denn?“, fragte Lena gespannt.
„Nun, der Glücks-Dieb mag keine schönen Dinge. Er mag es nicht, wenn man sich gegenseitig hilft, zusammen lacht oder etwas Neues ausprobiert, auch wenn es erstmal schwierig ist“, erklärte Klara.
Die Kinder überlegten.
Erste Ideen, die gute Laune zurückzubekommen
Plötzlich hatte Max eine Idee. „Lena, ich habe einen Anspitzer! Soll ich deinen Stift anspitzen?“ Lena nickte dankbar. Als ihr Stift wieder eine perfekte Spitze hatte, lächelte sie. „Danke, Max! Das ist lieb.“ Klara zwinkerte. „Hört ihr das? Ich glaube, ein kleines Stückchen gute Laune ist gerade aus der Tasche des Diebes gehüpft!“
Sophie schaute sich Max‘ Bauklötze an. „Vielleicht sollten wir den Turm zusammen bauen? Dann ist er stabiler.“ Max‘ Augen leuchteten auf. Gemeinsam bauten sie weiter, und siehe da – der Turm wurde riesig und stand fest. Beide kicherten und freuten sich. „Noch mehr gute Laune ist entwischt!“, rief Klara begeistert.
Der Dieb ist besiegt!
Sophie summte zwar immer noch ein bisschen traurig, doch Lena hatte eine Idee. „Dein Kuscheltier wartet bestimmt schon auf dich zu Hause. Und bis dahin können wir ja mein Einhorn zum Spielen nehmen.“ Sie hielt Sophie ihr glitzerndes Einhorn hin. Sophie lächelte und drückte das Einhorn fest.
„Und da ist sie wieder!“, rief Klara und klatschte in die Hände. „Die gute Laune ist komplett zurück! Der Glücks-Dieb ist mit seiner leeren Tasche abgezischt, weil ihr so toll zusammengehalten und euch gegenseitig geholfen habt!“
Die Kinder strahlten. Lena malte ihr Bild fertig, Max baute noch einen höheren Turm mit Sophie, und Sophie sang wieder fröhliche Lieder, während sie mit dem glitzernden Einhorn spielte.
Pädagogischer Hintergrund
Diese Geschichte hilft Kindern, folgende wichtige Fähigkeiten zu entwickeln:
- Emotionserkennung und -benennung: Die Kinder lernen, ihre Gefühle wie Ärger, Wut und Traurigkeit zu benennen und zu verstehen, wie sie ihre Stimmung beeinflussen.
- Ursache-Wirkungs-Verständnis: Sie begreifen, dass bestimmte Ereignisse – wie ein kaputter Stift oder ein umfallender Turm – zu negativen Gefühlen führen können.
- Prosoziales Verhalten und Hilfsbereitschaft: Die Kinder erfahren, dass gegenseitige Unterstützung die Stimmung aller verbessert, wie in den Szenen, in denen sie sich gegenseitig helfen (Stift anspitzen, Turm zusammenbauen, Spielzeug teilen).
- Frustrationstoleranz und Problemlösung: Anstatt aufzugeben, finden sie gemeinsam Lösungen, wie das Anspitzen des Stiftes oder das gemeinsame Bauen eines stabilen Turms.
- Gemeinschaftsgefühl: Die Geschichte unterstreicht, dass gemeinsames Handeln dazu beiträgt, Probleme besser zu bewältigen und die gute Laune zurückzubringen.
- Abstrakte Konzepte greifbar machen: Die Metapher des „Glücks-Diebes“ macht das Konzept der schlechten Stimmung für Kinder verständlich und zeigt ihnen, was sie aktiv tun können.