Natur, Tiere und Abenteuer abseits vom Trubel
Ein milder Morgen in der Uckermark
Der Nebel hängt noch über den Feldern, als Familie Schneider die Türen ihres Ferienhäuschens öffnet. Ein leises „Mäh“ kündigt das nahe Schafgehege an. Die zweijährige Leni reibt sich die Augen, zeigt aufgeregt zum Zaun. „Schaf!“ ruft sie – das erste Wort dieses Tages.
In solchen Momenten wird klar: Reisen mit Kleinkindern braucht nicht viel – vor allem keine langen Flugreisen oder teure Freizeitparks. Was zählt, sind Ruhe, Natur und Orte, an denen Kinder einfach Kind sein dürfen.
Wir stellen sieben dieser besonderen Lieblingsorte in Deutschland vor, an denen Familien gemeinsam entschleunigen und entdecken können – ganz ohne Hektik, Warteschlangen oder Dauerbeschallung.
1. Uckermark (Brandenburg): Tiere zum Anfassen, Wälder zum Staunen
Nur rund eine Autostunde nördlich von Berlin beginnt eine andere Welt. Die Uckermark ist dünn besiedelt, landwirtschaftlich geprägt und gespickt mit Biohöfen, Badeseen und Wanderwegen. Auf dem Kinderbauernhof dürfen kleine Gäste Ziegen füttern und Traktor fahren – mit echtem Holzlenkrad, versteht sich.
„Das Schönste hier? Kein WLAN, aber dafür eine Katze auf dem Bett“, sagt Vater Mark, während seine Tochter auf der Wiese tanzt. Hühner gackern irgendwo im Hintergrund, und aus dem alten Stall weht der Duft von frischem Heu. Morgens gibt es Eier von glücklichen Hennen, nachmittags Apfelkuchen auf der Veranda. Und wenn die Sonne langsam untergeht, wird die Feuerstelle zum Treffpunkt – Stockbrot, Sternenhimmel, Sommerglück.
Hier hat das Leben noch Ecken und Kanten, dafür aber Herz und Zeit. Kein Termindruck, keine Dauerbeschallung. Nur weite Felder, stille Wälder – und Kinderlachen, das über die Wiese hallt.
2. Steigerwald (Franken): Der Urwald für die Kleinsten
Zwischen Bamberg und Würzburg liegt ein verstecktes Paradies: der Baumwipfelpfad Steigerwald. Mit breiten Wegen, sanften Steigungen und Kinderwagenfreundlichkeit punktet er bei Eltern – und mit Riesenholzxylophon, Aussichtsturm und Wackelbrücke bei Kindern.
Der 1.150 Meter lange Pfad schlängelt sich durch einen der artenreichsten Laubwälder Bayerns und gipfelt in einem 42 Meter hohen Aussichtsturm mit Panoramablick über das Steigerwaldvorland. Unterwegs vermitteln interaktive Lernstationen Wissenswertes über Waldökologie, Artenvielfalt und nachhaltige Forstwirtschaft – auf Augenhöhe auch für kleine Entdecker.
Tipp: In der Nähe locken viele kleine Familienpensionen mit Spielscheunen, Naturgärten und regionaler Küche. Wer länger bleibt, kann weitere Ausflugsziele in der Umgebung erkunden – etwa den Wildpark Sommerhausen oder das Fränkische Freilandmuseum.
3. Ammersee (Bayern): Wasser, Wald und ein Hauch von Bullerbü
Wer südlich von München ein Idyll sucht, landet oft am Ammersee. Besonders im Frühling und Herbst geht es hier ruhiger zu als am berühmten Starnberger See. Der barrierefreie Spazierweg entlang des Ufers, der Spielplatz im Kurpark Herrsching und die kleine Dampferfahrt machen den Tag perfekt.
„Wir haben hier einen Lieblingsbaum, unter dem wir immer picknicken“, sagt Mutter Julia. „Es ist fast wie ein zweites Zuhause.“
Mit einer Länge von rund 15 Kilometern und einer Breite von bis zu 6 Kilometern gehört der Ammersee zu den größten Seen Bayerns. Der See ist ideal für Familien – mit flach abfallenden Ufern, gut ausgebauten Wegen und zahlreichen Einstiegsmöglichkeiten zum Baden. Die Schiffe der Bayerischen Seenschifffahrt verkehren zwischen den Orten Dießen, Herrsching und Utting und bieten dabei herrliche Ausblicke auf die Alpenkette.
Auch kulturell hat die Region einiges zu bieten: Das Kloster Andechs mit seiner barocken Kirche und der berühmten Klosterbrauerei liegt nur wenige Kilometer entfernt und ist ein beliebtes Ausflugsziel. Wer es naturnah mag, findet im südlichen Uferbereich das Vogelschutzgebiet „Ammersee-Südufer“ – ein stilles Refugium für Spaziergänge, mit etwas Glück begleitet von Seeadlern oder Kormoranen.
4. Fischland-Darß-Zingst (Mecklenburg-Vorpommern): Ostsee mit Seele
Breite Strände, flache Ufer und der Duft von Kiefern – auf dem Darß ticken die Uhren langsamer.
Im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft erleben Familien Natur hautnah: Zwischen Ostseestrand, Dünen, Windflüchtern und Boddengewässern entfaltet sich eine der ursprünglichsten Küstenlandschaften Deutschlands. Seeadler, Kraniche und Wildpferde gehören hier zum Alltag – besonders in den ruhigen Randzeiten des Jahres.
Das Experimentarium in Zingst bietet wetterunabhängigen Forscher-Spaß für kleine Entdecker. Mit interaktiven Mitmach-Stationen zu Physik, Technik und optischen Phänomenen regt es zum Staunen, Bauen und Ausprobieren an – ideal für Familien mit neugierigen Kindern.
Ideal: Ferienwohnungen mit Garten und direktem Zugang zum Strand sind auf dem Darß keine Seltenheit. Viele Unterkünfte bieten zudem Bollerwagen, Hochstühle und Leihfahrräder – ganz auf Familien ausgerichtet. Der Ostseeradweg führt durch die Region und verbindet Orte wie Prerow, Zingst und Born – perfekt für entspannte Radtouren mit Picknick am Deich.
Nicht verpassen: Eine Kutschfahrt durch den Darßer Urwald oder ein Besuch am Weststrand – einem der wildesten Strände Deutschlands mit bizarr geformten Bäumen direkt am Meer.
5. Eifel-Nationalpark (NRW): Zwischen Wildkatze und Wasserfall
Der Wildnis-Trail durch den Eifel-Nationalpark ist ein Naturhighlight für Familien – auch in Etappen gut machbar.
Der rund 85 Kilometer lange Fernwanderweg führt in vier Tagesetappen durch die abwechslungsreiche Landschaft des Nationalparks – von Monschau über Einruhr, Gemünd und Heimbach bis nach Zerkall. Für Familien eignen sich vor allem die kürzeren Teilstrecken, die gut ausgeschildert und naturnah gestaltet sind. Unterwegs: Buchenwälder, offene Hochflächen, Bachtäler und mit etwas Glück auch Wildkatzen oder Schwarzstörche.
Der barrierefreie Wildnis-Trail-Spielplatz in Heimbach bietet kindgerechtes Naturerleben mit Kletterelementen, Wasserspielbereichen und vielen Rückzugsmöglichkeiten im Grünen. Ein idealer Stopp für jüngere Kinder – verbunden mit einem Picknick oder einer Rast im nahen Nationalpark-Infopunkt.
Wer es ruhiger mag: Der nahe gelegene Rursee – einer der größten Stauseen Deutschlands – lädt mit Bootsverleih, Ausflugsschiffen und gut ausgebauten Uferwegen zu entspannten Nachmittagen ein. Ob Tretboot, SUP oder einfach Füße ins Wasser halten: Hier kommen kleine und große Wasserratten auf ihre Kosten.
„Die Kinder schlafen hier abends tief und fest – das sagt doch alles“, meint ein Campingplatzbesitzer schmunzelnd. Kein Wunder: In der klaren Eifelluft, umgeben von alten Wäldern und glitzernden Seen, fällt das Abschalten leicht – für die ganze Familie.
6. Biosphärenreservat Spreewald (Brandenburg): Kahnfahrt statt Karussell
Still gleiten die Holzkähne durch die Kanäle. Der Spreewald ist kein klassisches Kinderziel – und gerade deshalb perfekt.
Hier lernen Kinder, wie Gurken eingelegt werden, warum man mit Paddeln steuert und dass Störche auf Dächern wohnen. Die verzweigte Wasserlandschaft mit über 300 Kilometern schiffbarer Fließe ist einzigartig in Europa – und UNESCO-Biosphärenreservat.
Ein Highlight für Familien: Picknick auf einer Kahninsel – ganz ohne Verkehrslärm, aber mit Froschkonzert, Schilfrascheln und Libellen, die über dem Wasser tanzen. Viele Kahnführer bieten familienfreundliche Touren mit kurzen Stopps, kleinen Geschichten und ausreichend Platz für Kinderwagen an Bord.
Rund um Orte wie Lübben, Burg oder Lehde gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Spreewald aktiv zu erleben:
• Paddeltouren im Zweier- oder Familienkanu
• Gurken-Radtour auf gut ausgeschilderten Wegen
• Spreewelten Bad in Lübbenau – mit echten Pinguinen hinter Glas
• Freilandmuseum Lehde, das das traditionelle Leben der Sorben zeigt
Und wer länger bleibt, findet in der Region viele familienfreundliche Unterkünfte, von einfachen Ferienwohnungen bis hin zu Biohöfen mit Spielplatz und Streicheltieren.
7. Teutoburger Wald (NRW/Niedersachsen): Märchenhafte Wälder & barfuß unterwegs
Der Barfußpfad in Bad Wünnenberg ist ein Fest für kleine Füße.
Vom Moosbett bis zum Bachlauf erleben Kinder Natur mit allen Sinnen – über rund 1,5 Kilometer geht es über Holz, Kiesel, Lehm, Sand und durch kühles Wasser. Infotafeln erklären spielerisch die Wirkung der verschiedenen Untergründe auf den Körper. Für Familien ideal: der angrenzende Spielplatz, der Waldspielplatz am Kurpark sowie Picknickmöglichkeiten direkt vor Ort.
In der Region warten zudem sagenhafte Ziele wie die Externsteine oder die Adlerwarte Berlebeck – nahbar, kindgerecht und voller Geschichten.
Die Externsteine, beeindruckende Sandsteinformationen im Teutoburger Wald, gelten als Naturdenkmal und Kultstätte mit Aussichtsplattform – mit sicherer Begehung und spannender Geschichte, auch für Kinderführungen geeignet.
Ein weiteres Highlight: die Adlerwarte Berlebeck, die älteste und artenreichste Greifvogelstation Europas. Hier erleben Kinder bei täglichen Flugshows Adler, Eulen und Geier hautnah. Interaktive Infotafeln und ein kleiner Naturlehrpfad machen den Besuch lehrreich und lebendig.
Tipp: Wer länger bleibt, findet in der Region kinderfreundliche Unterkünfte – vom Naturcampingplatz bis zur Familienpension – sowie zahlreiche Wander- und Radwege, die auch mit Kindern gut zu bewältigen sind.
Weniger ist mehr – auch auf Reisen
Ob Ostsee oder Oberbayern – Familien mit Kindern finden überall in Deutschland Orte, die nicht von Touristenströmen überrannt werden und dennoch unvergessliche Erlebnisse bieten. Wichtig ist vor allem, das Tempo der Kinder zuzulassen – und selbst auch wieder ins Staunen zu kommen.
„Es sind die einfachen Dinge, die uns als Familie zusammenbringen“, sagt Mutter Anna aus Hamburg. „Ein Plumps in den See, eine Schnecke auf dem Weg – das bleibt hängen.“
Fazit: Lieblingsorte Deutschland mit Kind – nah, natürlich, nachhaltig
Familienreisen müssen kein Großprojekt sein. Wer bewusst nach naturnahen Zielen sucht, wird in Deutschland fündig. Lieblingsorte mit Kindern sind oft gar nicht weit entfernt – sie brauchen nur offene Augen und ein wenig Entdeckerfreude.